Bacolod – Eine starke Gemeinschaft

Wir fahren zusammen in unser Hotel, das auch bei meinen vorherigen Besuchen immer der Ausgangsort für alle Unternehmungen war. Es existiert erfreulicher Weise noch , und  auch hier wurden Pandemie bedingt, Veränderungen vorgenommen. Es gibt keine Restauration mehr, Klimageräte wurden abgeschaltet, stattdessen gibt es jetzt eine Wäscherei. 

Dann geht es Richtung Tinagong Paraiso, 150 Haushalte, die auch den dort lebenden Familien gehören, sind Teil eines großen Armenviertels, Banago genannt. 

Über einen holprigen Zufahrtsweg, vorbei an Kampfhähnen, erreichen wir den Vorplatz, an dem die Kapelle steht, die gleichzeitig Gebets- und Versammlungsraum ist. 

Hier begrüßt uns eine Trommlergruppe mit mitreissendem Rhythmus, es wird zum Takt getanzt, Kinder halten ein Begrüßungsplakat hoch, es wird gerufen, gelacht und es herrscht eine unglaublich freundliche, ausgelassene Stimmung. Die Frauengruppe, die dort engagiert nach immer wieder neuen Möglichkeiten sucht, und auch findet und umsetzt, wie zb die Einrichtung des Sozialladens, ist auch da. Wir freuen uns, dass wir uns wiedersehen. Es ist ein einziges Gewusel aus drückenden Händen, Schulterklopfen und  lachenden Gesichtern. Und –  es ist ehrlich gemeint! 

Wir werden in die Kapelle geleitet, wo wir vor dem Altar Platz nehmen, denn die Jugendgruppe der Parish Kirchengemeinde für uns ein kleines Tanz- und Gesangsprogramm vorbereitet hat. Was für ein herzliches Willkommen!

Dann kommt der Moment des Überreichens des Weihwassers der Raerener Kirchengemeinde. Ida übersetzt das Gebet auf Englisch, ich übergebe die Bilder, den Pfarrbrief und die Grüße an Dioning.

Wie schon in Batang Pinangga herrscht im Raum absolute Stille, ein Moment der Andacht, Tränen fließen. Die Menschen sind im Glauben an die Kraft des gemeinsamen Gebetes fest miteinander verbunden. Dioning segnet die Anwesenden mit dem Weihwasser, die Verbundenheit ist greifbar!

Für die Gemeinde ein unfassbar kostbares Geschenk. 

Anschließend werden wir wieder nach draußen geführt, wo die Trommlergruppe uns in ein paar einfache Rhythmen unterweist und wir dann gemeinsam Musik machen. Ida wird unterdessen auf den Vorplatz mitgenommen, dort gibt es ein „Basketballfeld“, und da sie hier jeden um mindestens zwei Köpfe überragt, will sie auch jeder im Team haben.  

Dann betrete ich zum ersten Mal den Community garden, der während der Pandemie die einzig zuverlässige Quelle für Gemüse und Obst geworden war, dann durch den Taifun im Dezember zerstört wurde, und mit unserer Unterstützung jetzt wieder vollständig errichtet worden ist. Ein Rettungsanker während der langen Zeit der Pandemie und der Lockdowns. Es ist geplant, ein weiteres freies Grundstück zur Erweiterung nutzbar zu machen. 

Mit Einbruch der Dunkelheit fahren wir zurück zum Hotel, die Kakerlaken sind schon wach und auch hier sieht man wieder in jedem Winkel, wie die Bausubstanz aufgrund der klimatischen Verhältnisse bröckelt. 

Der nächste Morgen führt uns zunächst an die unmittelbar angrenzende Basilika der Parish Kirchengemeinde, die auch durch die Zeit der Pandemie, sowohl die Betenden eingelassen hat, als auch den Obdachlosen weiterhin Zutritt gewährt hat. Die Kongregation der Parish unterstützt vor allem Frauengruppen innerhalb ihrer Gemeinde, die sich zur Verbesserung der Lebenssituation weiterbilden lassen. So entstand hier auf dem Kirchengelände ein kleines Zentrum für Akkupunktur, Reflexzonenmassage und herbal medicine. Die Frauen bilden ihrerseits wieder interessierte Frauen aus, so entstand hier ein kleines erfolgreiches Miniunternehmen, das die Familien der Frauen unabhängiger macht, oder auch einfach nur den Collegebesuch des Kindes finanziert. Leider haben wir keine Zeit, das auszuprobieren.

Nach dem kurzen Besuch geht es wieder nach Tinagong Paraiso, um das Viertel gemeinsam zu begehen.Einiges hat sich verändert. Von überall strömen Kinder heran und am Ende unseres Rundganges werden es gut fünfzig sein, die alle auf Ida einreden, lachen und sie dann auch in eines der Häuser führt, wo ein Billard ähnliches Spiel gespielt wird, keine Chance, sie muss gegen den Champion spielen, jeder Treffer, und jeder Fehlschuß wird in einer wahnsinns Lautstärke stimmlich untermalt. Weil ich  Geld auf ihren Sieg gesetzt habe, muss ich jetzt natürlich auch zahlen….

Ich treffe alle engagierten Frauen der Gemeinde wieder,  allen voran die 86 jährige Mama Maria, die sich an uns und vor allem auch an die Anfänge unserer Partnerschaftlichen Zusammenarbeit erinnert, die noch heute Ratgeberin für die jüngeren ist und nicht nachlässt, das Engagement jedes Einzelnen anzuspornen und Pflichten einzufordern. 

Es geht weiter, ein trauriger Moment ist, als wir zum Sozialladen kommen, den die Frauengruppe so erfolgreich zum sozialen Treffpunkt und erfolgreichen Kleingewerbe ausgebaut hatte. Der Laden ist geschlossen, durch ein Gitter sieht man noch den Verkaufstresen, ein paar Stühle sind in der Ecke gestapelt. Die Pandemie hat dieses erfolgreiche Projekt zerstört. Er durfte laut einer staatlichen Verordnung nicht weiter betrieben werden, da ein Kontaktverbot verhängt worden war, und selbst im Armenviertel dieses konsequent durch die Behörden durchgesetzt und kontrolliert wurde.

Die Gemeinde plant bereits wieder, diesen neu zu eröffnen, sobald die Restriktionen vollständig aufgehoben sind.

Nach wie vor ist Hilfe zur Selbsthilfe für die Mehrzahl der Einwohner der Philippinen unerläßlich. Zwar liest man gelegentlich in der Presse über die rasante wirtschaftliche Entwicklung der Länder in Südostasien und darunter auch der Philippinen im Zuge der Globalisierung, diese kommt aber offensichtlich nur einer kleinen Schicht zugute. Im Gegenteil, die Mehrzahl der Armen, vor allem in ländlichen Bereichen, wird durch Industrialisierungsprojekte und eine enorme Verteuerung ihrer Lebenshaltungskosten betroffen.

Darunter leiden vor allem die Kinder als schwächste und wehrloseste Mitglieder der Gesellschaft. Es ist kaum damit zu rechnen, daß die Versprechungen der philippinischen Regierung signifikante Veränderungen schaffen werden.